Unsere Methoden - Forensische Genetik

Differenzierung von Körperflüssigkeiten

Es gibt vielerlei forensische Situationen, in denen die biologische Zuordnung einer Spur bedeutsam ist. Am häufigsten geht es um das Identifizieren von Speichel, Sperma, Blut, Menstrualblut, Haut und Vaginalflüssigkeit. Wir haben 2016 ein Verfahren publiziert und patentiert, mit dem der Nachweis dieser Körperflüssigkeiten auch unter extremer exogener Belastung der Proben sicher möglich ist.
Unsere Methode zur Differenzierung von Körperflüssigkeiten wird einschließlich aller Validierungsexperimente geschildert in PLOS one Published: Forat et al. 2016: Methylation Markers for the Identification of Body Fluids and Tissues from Forensic Trace Evidencen (https://doi.org/10.1371/journal.pone.0147973).

Die Analyse erfolgt auf der Basis der differentiellen DNA-Methylierung. Die DNA ist eines der stabilsten Moleküle in der Zelle und ist viel robuster als Proteinen oder RNA. Wir haben in zwei genomweiten Studien differentiell methylierte Genorte identifiziert, auf ihren analytischen Wert hin selektiert und in insgesamt über 700 forensischen Proben validiert. Wir haben die zur Debatte stehenden Körperflüssigkeiten bis zu 6 Monate lang typischen Umweltbedingungen ausgesetzt (Setzer M, Juusola J, Ballatyne J, J Forensic Sci, 2008, 53, 2, 296). Der Einfluss eventuell Methylierungs-relevanter Tumoren war geprüft worden; der Einfluss benachbarter SNPs auf den Methylierungsstatus war per NGS ausgeschlossen worden.

Inzwischen üben sich viele nationale und internationale Gruppen in dem Verfahren - die von uns beschriebenen Genorte und Primer mit geringen Variationen nutzend. Da sich die Methode als der Goldstandard entwickelt hat, werden auch groß angelegte Ringversuche damit unternommen.

Wir haben für die meisten forensisch relevanten Körperflüssigkeiten jeweils mindestens zwei Methylierungs-Marker entwickelt, die auch unter forensischen Bedingungen deren Gegenwart in Spuren nachzuweisen und zu messen erlauben.

Beispielhafte Darstellung eines Analyseergebnisses

In Abbildung 1 ist die Anwendung eines Methylierungs-Markers dargestellt, der den Nachweis von peripherem Blut und die Bestimmung von peripherem Blut aus Mischungen mit anderen Körperflüssigkeiten gestattet.

Ein mögliches Ergebnis des ersten Methylierungs-Markers für peripheres Blut

Abbildung 1: Ein mögliches Ergebnis des ersten Methylierungs-Markers für peripheres Blut.
Der blaue Peak zeigt die Gegenwart von peripherem Blut an (a). Natürlich enthält Menstrualblut ebenfalls Komponenten peripheren Blutes; deswegen ist hier meist auch ein kleiner blauer Peak sichtbar (b). Die übrigen Körperflüssigkeiten und Gewebe (c) bis (f) weisen in der Regel keinen Methylierungs-Peak auf. Die klare Unterscheidung zwischen peripherem Blut und Menstrualblut erfolgt mit einem speziellen Menstrualblutmarker (nicht dargestellt).

In der Abbildung 2 wird die Reaktion des zweiten Markers zur Identifizierung von peripherem Blut dargestellt. Der Marker reagiert zum ersten Marker komplementär: Er zeigt reines peripheres Blut durch einen nicht methylierten grünen Peak an. Dagegen zeigt sich bei allen anderen relevanten Körperflüssigkeiten bzw. Gewebe daneben ein blauer Peak, der Methylierung an diesem Locus bedeutet. Der Marker kann damit die Reinheit einer Blutspur anzeigen.

Ein mögliches Ergebnis des zweiten Methylierungs-Markers für peripheres Blut

Abbildung 2: Ein mögliches Ergebnis des zweiten Methylierungs-Markers für peripheres Blut.
Reines peripheres Blut zeigt einen grünen Peak, der Nichtmethylierung am betrachteten Genort anzeigt (a). Menstrualblut (b) und Vaginalsekret (c) zeigen zusätzlich zum grünen Peak für Nichtmethylierung einen blauen Peak für Methylierung. Die übrigen Körperflüssigkeiten und Gewebe (d) bis (f) haben nur noch kleine Anteile des grünen Peaks und praktisch nur noch den blauen Peak für Methylierung.

Mischungen - das Zusammenwirken der einzelnen Marker

In Abbildung 3 wird am Beispiel der beiden zueinander komplementären Blutmarker dargestellt, wie sich deren Aussagen ergänzen in reinem peripheren Blut und in Mischungen. Dabei ist von Mischung aus beliebigen, unbekannten Körperflüssigkeiten bzw. Geweben auszugehen.

Trennkraft der beiden komplementären Blutmarker

Abbildung 3: Trennkraft der beiden komplementären Blutmarker
Bei reinem peripherem Blut zeigt Marker 1 das blaue Signal der Methylierung (oben links) und Marker 2 das grüne Signal der Nichtmethylierung (oben rechts). Ist in einer Mischung peripheres Blut neben anderen Körperflüssigkeiten/Geweben vorhanden, zeigt Marker 1 wieder beide Signale (Mitte links), und Marker 2 ebenfalls beide Signale (Mitte rechts). Enthält dagegen eine Mischung aus Körperflüssigkeiten/Geweben kein peripheres Blut, fehlt der blaue Methylierungsanteil (unten links), während Marker 2 wieder beide Signale zeigt (unten rechts).

Wieviel Spurmaterial wird für eine Untersuchung benötigt?

Je nach Art bzw. Menge der Spur und abhängig von der Fragestellung sollte man die analytische Vorgehensweise entwerfen. Handelt es sich um eine Spur mit beispielsweise einem geschätzten Volumen von 1 µL Blut oder Sperma so kann man von einem Gehalt von 5-10 ng genomischer DNA ausgehen. Damit könnte man alle 16 Marker einsetzen und deren Informationsgehalt nutzen. Pro Marker benötigen wir im Augenblick mindestens 200 pg DNA für eine stabile Analyse. Geht man bei der zur Debatte stehenden Spur z.B. primär von Speichel aus, ist die DNA-Konzentration erheblich geringer. Dementsprechend würde man eventuell die Fragestellung fokussieren auf Speichel, Sperma, Vaginalsekret und würde nur die dafür vorgesehenen Marker einsetzen.

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